Aufklärung zum Thema Drogen

Utopiate – Drogen für unsere Zukunft

„Utopiate“ sind eine Mischung aus Utopie und Opiaten. Mit dieser Wortschöpfung werden Drogen bezeichnet, die perfekte Eigenschaften haben: Bewusstseinserweiterung ohne Abhängigkeitspotential.

„Drogensucht und die daraus resultiernde Kriminalität führen weltweit zu einschneidenden gesellschaftspolitischen Problemen, die bislang nicht in den Griff zu bekommen sind. Der Psychopharmakologe Ronald K. Siegel beleuchtet das brisante Thema von einer anderen Seite: Dem Drang, sich zu berauschen, räumt er evolutionsbiologisch den Stellenwert eines Primärbedürfnisses wie Hunger, Durst und die Lust auf Sex ein. Nicht die Legalisierung von Drogen ist Siegels Schlußfolgerung aus dieser radikalen Erkenntnis, sondern der Apell an den Erfindungsreichtum des Menschen, ‚vernünftige‘ Rauschdrogen für einen unbedenklichen Konsum zu entwickeln.“ {Klappentext}
[Den Drogenrausch akzeptieren]

„Die Lösung unseres Drogenproblems beginnt, wenn wir den Rausch in unserem Verhalten einen legitimen Platz einräumen. Wir müssen sicherstellen, dass das Verlangen nach einem Drogenrausch nicht gefährlich ist. Wie können wir das tun? […]

Die Antwort ist, die Drogen vollkommen sicher zu machen. […] Das Ziel ist, die erwünschten und nützlichen Wirkungen zu maximieren und die Risiken und Gefahren zu minimieren. Eine stillschweigende Vereinbarung sollte sein, dass man sich unter dem Drogeneinfluss nicht zu gut fühlen sollte. […]

Es wird Zeit, dass wir Rauschmittel als Medikamente anerkennen und damit Rauschzustände als Therapie für bestimmte menschliche Befindlichkeiten zulassen. […] Die Erforschung und Entwicklung und Rauschmitteln, die so wenig missbraucht werden können und so unbedenklich sind wie unsere Nahrungsmittel, ist ebenso erstrebenswert wie die magischer Kugeln oder Wunderdrogen. […]

Wir müssen geduldig daran arbeiten, den aus den Gebrauch und Missbrauch von unvollkommenden Drogen entstehenden täglichen Problemen zu begegnen. Wir müssen die Missbrauchtreibenden versorgen und alles tun, um Neuzugänge in ihren Reihen zu verhindern. […] Es gibt keine kurzfristigen Lösungen. Wir müssen den andauernden destruktiven Charakter des Drogenkrieges aushalten, bis schließlich die Nachfrage jener, die nach dem künstlichen Paradies streben, entsprochen werden kann. […]

Ein Rausch, der nach der Definition der Eintritt in einen vergifteten Zustand ist, wird nie ganz risikofrei sein, aber es wird ihn immer geben. Die Menschen haben mit vielen berauschenden Drogen experimentiert, aber herausgefunden, dass keine von ihnen vollkommen ist. […] Huxleys erfundenes einlullendes ‚Soma‘ ist nun der Markenname eines modernen Muskelentspannungsmittels. […]

Das bedeutet keine moralische Kapitulation im Drogenkrieg. Die Entwicklung sicherer, von Menschen gemachter Rauschmittel ist eine Bestätigung eines unserer menschlichsten Triebe und eine Herausforderung unserer entwickeltsten Fähigkeiten. […]
[Zukünftige Wege zu Utopiaten]

So wie die Entdeckung des Gummibaums eins der Elemente war, das die industrielle Revolution ermöglichte, könnten neue Entdeckungen im Pflanzenreich, das noch zu 90 Prozent unerforscht ist, ebensolche Veränderungen in unserer Entwicklung in Gang setzen. […]

Warum sollten wir darauf warten, dass wir dereinst auf einem fremden Planeten über diese Drogen stolpern? Warum können wir nicht hier unbedenklichere finden? Warum können wir sie nicht jetzt vollkommen sicher machen? Naturwissenschaftler und Futurologen aus Hochschulen, von der Rand Corporation und vom Hudson Institute, sagen voraus, dass wir dazu am Anfang des nächsten Jahrhunderts in der Lage sein werden.

Die Molekularchemie wird dies durch das Spalten und Verändern von bereits bekannten psychoaktiven Molekülen möglich machen. Es scheint ebenso wahrscheinlich zu sein, dass wir neue und geeignetere Fortschritte der chromatographischen und spektroskopischen Techniken erlauben heute die Isolation und Analyse von biologisch aktiven Pflanzenbestandteilen, die früher nicht gefunden werden konnten. Neue Techniken zur Manipulation von Pflanzenzellen, Genen und Enzymen könnten uns mit vielen neuen Wirkstoffen versorgen. […]

Obwohl Image-Veränderungen den Rückgang der Popularität einer Droge anzeigen können, ist es sicher, dass neue Drogenlaunen auftauchen werden. Wir haben heute die Gelegenheit, diese künftigen Angebote zu bestimmen.
[Wie wirken Utopiate?]

Bei den idealen Rauschmitteln überwiegen positive Wirkungen, wie Stimulation und Genuss. Toxische Folgen sind minimal oder bleiben ganz aus. Die Drogen würden als schnellwirksame Pillen oder Flüssigkeiten genommen oder in Form von Gasen eingeatmet. Sie hätten eine konstante Wirkungszeit und eingebaute Hemmstoffe zur Verhinderung von exzessivem Gebrauch oder Überdosen. Die Drogen könnten sogar so gebaut sein, dass sie kurze Wellen intensiver, aber ungefährlicher Wirkungen hervorrufen und damit gefährlicher und aufregender erscheinen, als sie tatsächlich sind.

Die idealen Drogen würden die erwünschten Wirkungen ohne unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Wenn die Droge zum Beispiel zur Stimmungsaufbesserung verwendet wird, sollte sie niemanden am Essen oder Schlafen hindern. Das ideale Beruhigungsmittel würde die Angst verringern, ohne so zu besänftigen, dass der Anwender passiv und unproduktiv wird. Ebenso sollte die Droge, die zur Unterhaltung unserer Sinne produziert wurde, uns nicht von der Erfüllung normaler Aufgaben ablenken.
[Welche Utopiate existieren bereits?]

Die Molekularchemiker haben bereits einige interessante Möglichkeiten entworfen. Dazu gehören Drogen zur Gefühlssteigerung, zur Freisetzung von Kindheitsphantasien, zur Entfesselung von Kreativität oder zur Ermöglichung eines Wochenendtrips.

Eine vielversprechende Droge, 2C-B, scheint alle Sinneswahrnehmungen ohne Verzerrungen zu verstärken, sie verwandelt die Alltagswelt in ein Museum interessanter Wahrnehmungen.

Ein anderes neues Rauschmittel, DIPT, scheit die akustischen Signale und nicht die sichtbaren zu verändern, sie gibt Klängen eine quasi-elektronische Verstärkung, während die Augen fest auf die Realität gerichtet bleiben.

Chemiker ändern die regeln der molekularen Architektur, konstruieren jedes Jahr Hunderte neuer psychoaktiver Verbindungen und niemand kann wissen, wie nahe das nächste Molekül an das Ideal heranreicht. Bis dahin sind jedoch die Trips nicht immer angenehm und kontrollierbar. […hier sind einige Ansätze für Utopiate…]

Die Chemiker werden die Alchimisten des neuen Zeitalters sein, sie werden die Kriegs-Pharmakologie, die ständig die Bedürfnisse des Individuums gegen die einer falsch informierten Gesellschaft ausspielt, in eine Pharmakologie der Harmonie verwandeln.
[Drogen und Transhumanismus]

In der Zwischenzeit muss die Gesellschaft dem Rausch in ihrem Bewusstsein einen Platz einräumen. Wir müssen dem Trieb einen anerkannten Platz verschaffen und dann sichere Wege verfolgen. Vielleicht wird es neue utopische Drogen geben, die sich selbst begrenzen, aber wir werden sie perfektionieren müssen. Zur Zeit bleiben die Utopiate spielerische, aber faszinierende Möglichkeiten. […] Wir können die Kunst der Designer-Chemie zur Meisterschaft bringen.

Obwohl jeder unserer Schritte von Pflanzen mit Dornen und bittersüßen Chemikalien gesäumt ist, obwohl Stimmen uns zur Rückkehr rufen, können wir ebenso wenig zurück, wie es möglich wäre, die evolutionäre Leiter wieder hinunterzusteigen. Wie müssen aus diesen Begegnungen lernen und weitergehen. Neinsagen heißt, alles abzulehnen, was wir sind und was wir sein könnten.
Quelle:

{1} = „Rauschdrogen – Sehnsucht nach dem künstlichen Paradies“, Seiten 317 bis 321 vom Autoren Ronald K. Siegel, erschienen im rororo-Verlag.

 

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