Aufklärung zum Thema Drogen

Mit Psilocybin auf Reisen

– Ein anonymer Erfahrungsbericht –

Der gestrige Abend hat mir einen Pilztrip beschert, den ich so schnell nicht wieder vergessen werde.

Es war das dritte Mal, dass ich Pilze genommen hatte. Dieses Mal war allerdings das erste Mal, dass mein Freund mit dabei war. Wir hatten die Pilze gemeinsam in der Absicht genommen, unter anderem auch „zwischenmenschlichen Körperkontakt“ in diesem Zustand zu erforschen. Doch so weit kamen wir gar nicht, denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt…

Im Nachhinein lässt sich der Trip für mich in drei Phasen unterteilen, die ich nacheinander beschreiben möchte.

Phase 1: „Der Horrortrip“ oder „Wie wird man Pilze bloß wieder los?“

Schon 20 Minuten nach der Einnahme zeigten die Pilze ihre Wirkung, was im Vergleich zu anderen Trips ungewöhnlich früh war. Bereits vor der Einnahme war ich eher müde, hatte leichte Kopfschmerzen und ein wenig Magendrücken. Ich nahm an, dass sich das unter Pilzen von alleine geben würde. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich unter solchen Umständen nicht noch einmal Pilze nehmen würde, und kann auch nur jedem raten, vor so einer Reise so fit wie möglich zu sein.

Kurz nach der Einnahme der Pilze (was an sich schon nicht gerade ein Genuss ist) stellte sich dann auch prompt heftigste Übelkeit ein. Leider blieb sie ein hartnäckiger Begleiter und verschwand nicht schnell wieder wie die Male zuvor. Da es draußen noch helllichter Tag war, legte ich mich ins dunkle Schlafzimmer. Kaum ausgestreckt, geriet ich in einen sehr unangenehmen, wenn auch schwer zu beschreibenden, Zustand. Er bestand im Wesentlichen aus immer wiederkehrenden Gedankenschleifen und der Unfähigkeit, sich daraus zu befreien. Die für mich ungewohnte Intensität der Wirkung kam erschwerend hinzu. Am liebsten hätte ich den Trip schon hier abgebrochen, wusste aber, dass ich nicht so schnell kneifen konnte und mich dem stellen musste.

Nach einer Zeit, die mir subjektiv unendlich lang vor kam, raffte ich mich endlich auf, stand vom Bett auf und bahnte mir einen Weg zurück zu meinem Freund ins Wohnzimmer. Da die Übelkeit aber nicht abnahm und ich sehr darunter litt, gab ich schließlich auf und begab mich zur Toilette, mit dem Vorsatz, die kleinen Helfer wieder loszuwerden.

Wer sich schon einmal unter Pilzen den Finger in den Hals gesteckt hat, weiß vielleicht wovon ich spreche, wenn ich diese Angelegenheit scherzhaft als metaphysische Erfahrung bezeichne. Ich schwankte zwischen der Entschlossenheit, die Dinger von mir zu geben und der Sorge, mich ernsthaft zu verletzen. In meinem Zustand war es mir nämlich unmöglich abzuschätzen, wie weit sich meine Hand schon in meinem Hals befand. Hätte mein Arm bis zum Ellenbogen drin gesteckt, so hätte es mich auch nicht gewundert, denn genauso fühlte es sich an. Die Kloschüssel kam mir im übrigen riesig vor, ähnlich einer Bahnhofshalle. Wie ich da nun so hing und mich abmühte, musste ich auf einmal über mich selber lachen. Kaum war ich nun einmal auf einem wirklich heftigen Trip, wollte ich nichts anderes, als ihn schleunigst zu beenden, anstatt ihn zu genießen und das Möglichste herauszuholen. Diese Überlegung war der Übergang zu Phase 2.

Phase 2: „Erleuchtung in Polycolour“

Nachdem ich mich wild entschlossen von der Kloschüssel getrennt hatte und endlich wieder im Wohnzimmer war, schwand die Übelkeit langsam und die düsteren Gedanken verzogen sich. Nun begann eine helle Phase. Draußen war es immer noch hell und der Himmel sah einfach phantastisch aus. Ich lag auf dem Sofa und ließ den Kopf über den Rand hängen. Aus dieser Perspektive sahen die Wolkengebilde im ansonsten blauen Himmel wie gebirgige Inseln in einem strahlend blauen Meer aus. Ich konnte mich nicht daran satt sehen und wurde nicht müde, in jede Schlucht und jede Ebene dieser Inseln hinab zuzoomen. Es war, als könnte ich mich allein mit der Kraft meiner Gedanken an jeden Punkt dieser Wolken versetzen. Aber auch das Wohnzimmer hatte es in sich. Der Raum war ausgefüllt mit sich bewegenden, pastell farbenen Strukturen, die mich unglaublich faszinierten.

Mein Freund und ich sprachen sehr viel miteinander an diesem Abend, aber während der ganzen Zeit fühlte ich mich emotional völlig von ihm losgelöst, was ich aber nicht als unangenehm empfand. Wir haben über Abhängigkeiten gesprochen, auch im Bezug auf Partnerschaft und über Kosten-Nutzen-Bilanzen einer Beziehung.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt hatte ich dann eine Erkenntnis, die ich als echte Erleuchtung erlebte, auch wenn sie psychologisch vielleicht trivial erscheinen mag. Mir wurde schlagartig klar, dass eine Partnerschaft dazu dient, die eigene Dualität leben zu können. Als noch nicht so weit individuierter Mensch ist man darauf angewiesen, seine männlichen bzw. weiblichen Eigenschaften in den Partner projizieren zu können. Mein Freund lebt für mich die Eigenschaften, die ich in ihn projiziere. Durch meine Beziehung zu ihm habe ich trotzdem Zugriff auf diese „ausgelagerten“ Eigenschaften. Ziel einer jeden Persönlichkeitsentwicklung ist es aber, diese Projektionen zurückzunehmen und diese Eigenschaften in sich selbst zu integrieren. Hat man das einmal geschafft, so gibt es aus meiner Sicht keinen Grund mehr für eine Beziehung im herkömmlichen Sinne. Diese Erkenntnis war an sich nichts neues für mich, doch auf diesem Trip habe ich sie das erste mal wirklich verstanden und verinnerlicht. Mit diesem Gedanken bahnte sich der Übergang in Phase 3 an.

Phase 3: „Die Zersplitterung der Wirklichkeit“ und „Hängen bleiben im Trip“

Diese Phase war im Nachhinein betrachtet die wichtigste Erfahrung an diesem Abend. Im Verlaufe des Trips waren immer wieder essentielle Fragen bezüglich meiner Ziele, meines Studiums etc. aufgekommen. Ich fühlte mich überfordert, mich dem allen auf einmal zu stellen und merkte ab einem gewissen Punkt, dass meine gesamte Wirklichkeit eingestürzt war. Ich hinterfragte mein ganzes Leben und es erschien mir sinnlos und falsch. Auch hatte ich keinerlei Zugriff mehr auf Wertvorstellungen, Meinungen oder Ziele. Diese innerliche Entfremdung empfand ich auch äußerlich. Zwar war meine Umgebung nicht mehr durch Pilz-bedingte Effekte verzerrt, doch nach wie vor erschien sie mir fremd. Obwohl ich diese Wohnung sehr gut kannte, schien es mir, als habe ich sie eben erst zum ersten Mal betreten. Dieses faszinierende Phänomen erstreckte sich auch auf meinen Freund. Er wirkte auf mich, als hätte ich ihn eben erst kennengelernt (zum Zeitpunkt des Trips waren wir bereits 3 Jahre „zusammen“). Alles in allem hatte ich den unbeschreiblichen Eindruck, aus mir herausgetreten zu sein, oder in eine Parallelwelt gerutscht zu sein. Mein Bewusstsein schien komplett verschoben zu sein und alle alten neuronalen Vernetzungen in meinem Hirn schienen aufgelöst. Mir vollkommen bewusst, dass dies der wichtigste Augenblick in meiner bisherigen Persönlichkeitsentwicklung war. Ich wartete darauf, dass sich neue Vernetzungen in meinem Hirn bilden würden, aber es geschah nichts. Ich fühlte mich leer und gleichgültig.

Dieser Zustand und auch die vorher beschriebene Wahrnehmung meiner Umgebung hielt subjektiv sehr lange an (objektiv waren es immerhin ca. 2 Stunden), und ich fühlte mich allmählich in einer Zeitblase gefangen. Der Gedanke, verrückt geworden zu sein, wurde immer stärker in mir. Ich war davon überzeugt, aus diesem Zustand nicht wieder herauszufinden und auf ewig im Trip hängen geblieben zu sein. Trotzdem wollte ich diesen Zustand nicht willkürlich beenden, ohne dass sich eine Lösung abzeichnete; dafür erschien er mir zu wichtig. Inzwischen nahm ich auch an, dass die Ereignisse nicht mehr mit dem Trip an sich zu tun hatten, sondern dass ich in einem psychischen Zustand war, der sich mit der Wirkung der Pilze allein nicht mehr erklären ließ. Ich dachte noch, dass dies der perfekte Zustand für eine Metaprogrammierung gewesen wäre und wünschte mir jemanden, der mir wieder Anknüpfpunkte und Perspektiven darbot. Mein Freund wurde in dieser Hinsicht leider nicht tätig, allerdings bat ich ihn auch nicht explizit darum. Mit der Überzeugung, nun wirklich verrückt (ge-) worden zu sein ging ich schließlich um Mitternacht ins Bett und beendete damit den Trip, der zu diesem Zeitpunkt bereits 5 Stunden dauerte.

Heute morgen fühlte ich mich zwar immer noch leicht verschoben, allerdings platze ich auch vor Energie. Ich sehe jetzt viele persönliche Dinge klarer und nehme eine ganz neue Dringlichkeit in meinem Leben wahr. Unsere Lebenszeit ist begrenzt und wir müssen sie so gut wie möglich nutzen.

Mein gestriges Erlebnis halte ich im übrigen für die erste echte bewusstseinserweiternde bzw. bewusstseinssprengende Erfahrung in meinem Leben. Bestimmt wird es nicht die letzte sein.

 

Image: © Wayne_0216 / Dollar Photo Club

2 Kommentare

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  1. Anonym says:

    Hi,
    ich habe letzten Samstag zum zweiten mal Pilze genommen. Beim ersten Mal dachte ich auch, ich wäre drauf hängen geblieben und dachte mir, dass es beim zweiten mal schöner wird, aber es wurde genauso.
    Ich kann es als unwohles Gefühl beschreiben, dass man schnell wieder loswerden will. Aber die Farben und das wabern der Umwelt ist ein recht schöner effekt 🙂

    Grüße.

  2. Mihel says:

    Ich hatte so gut wie die gleiche erfahrung mit lsd… Die trips sind wunderschön doch führen dich ins leere… Das einzige was mich aus dieser krise hinausgeführt hatte war mich einem glauben zuzuwenden ^^ seitdem bin ich bodenständig geerdet und fühle mich in jedem moment wohl… Jetzt kann ich psychedelica auch wieder geniessen 😀