Aufklärung zum Thema Drogen

Kurznotizen zu Sucht

Einmal Drogen, immer Drogen?

(10/2000) Kinder von Müttern, die bei der Geburt Opiate oder Barbiturate erhielten, haben im späteren Leben knapp fünfmal so oft Drogenprobleme wie «medikamentenfrei» geborene Kinder. Das berichtet die «Medical Tribune Online» mit Blick auf eine neue schwedische Untersuchung. Dem Online-Magazin zufolge untersuchten die Wissenschaftler, welche Medikamente die Mütter von 69 Erwachsenen mit Abhängigkeitsproblemen während der Geburtswehen bekommen hatten. Verglichen wurde mit 33 erwachsenen Geschwistern der Abhängigen, die keine Probleme mit Drogen hatten. Ergebnis: 23 Prozent der Drogenabhängigen waren in den Stunden vor der Geburt mehrfachen Gaben von Barbituraten oder Opiaten ausgesetzt gewesen, von den Nicht-Abhängigen jedoch nur drei Prozent. Wie eine einmalige, kurze Medikamenten-Einwirkung eine solche Auswirkung auf das spätere Leben haben kann, sei unklar. Jedoch hätten Versuche mit Ratten gezeigt, dass Tiere, die im Mutterleib Drogen ausgesetzt waren, später verändert auf Drogen reagierten.

[Gefunden bei: yahoo-ticker
Dies ist eine überraschende Perspektive auf die Drogenproblematik. Sollte dieses Forschungsergebnis stimmen, so zeigt sich, dass Teile unseres Drogenproblems hausgemacht sind. Der Begriff der „Drogen-Krankheit“ wäre absolut berechtigt.]
Depression am Arbeitsplatz nimmt zu

(10/2000) In Deutschland leiden heute zehnmal mehr Menschen an Depressionen als vor 50 Jahren, heißte es in einer Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Berufsstress, neue Technologien und Konkurrenzdruck seien Schuld daran, dass immer mehr Arbeitnehmer an psychischen Problemen und Angstzuständen leiden.

[Quelle: Die Woche, 13.10.2000
Diese Meldung erscheint mir wichtig, um zu zeigen, dass die Volksgesundheit sich verschlechtert. Man sollte die Drogenproblematik nicht zu isoliert sehen, sondern berücksichtigen, wie sich die Menschen fühlen. Was nützen harte Drogengesetze, wenn der „Druck“ in der Bevölkerung ständig zunimmt? Angenommen wir hätten eine Hungersnot und der Gesetzgeber würde den Nahrungsdiebstahl härter bestrafen… welchen Eindruck hinterlässt das?]
Elektrischer Strom beim Drogenentzug

(10/2000) Drogenentzug: Mit elektrischer Stimulation des Gehirns lassen sich die quälenden Schmerzen beim Drogen- oder Alkoholentzug mindern. Das haben russische Forscher herausgefunden. Auf der Kopfhaut liegende Elektroden regen mit schwachen Impulsen bestimmte Hirnregionen an. Die drei- bis fünfminütige Therapie bringt aus dem Takt geratene neuronale Aktivitäten wieder in Einklang.

[Quelle: Die Welt, S. 39, 09.10.2000, zitiert in Netdoktor.de]
Mehr Drogenkonsum in Europa

(10/2000) In Europa wird immer mehr Rauschgift konsumiert. Zudem steigt auch die Zahl der sogenannten problematischen Rauschgiftgebraucher, wie die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht in ihrem Jahresbericht feststellt. Die Behörde verzeichnet für ganz Europa einen zunehmenden Konsum von Kokain und synthetische Drogen, den Anstieg des Mischkonsums von Heroin, aufputschenden Drogen, Alkohol und Medikamenten sowie starken Cannabiskonsum. Danach ist Cannabis das am weitesten verbreitete illegale Rauschgift in der Europäischen Union, jeder fünfte EU-Bürger hat es mindestens einmal probiert. Außerdem stellt die Behörde fest, dass unterschiedliche Drogenpolitiken in den einzelnen Ländern zwar so gut wie keinen Einfluss auf den jeweiligen Drogenkonsum haben. Jedoch würden in Staaten, in denen eine liberale Strategie verfolgt werde, die Folgen des Drogenmissbrauchs gelindert. So könne die Rate von Neuinfektionen von HIV oder Hepatitis sowie die Einnahme von Überdosen positiv beeinflusst werden.

[Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S. 13, 12.10.00, zitiert in Netdoktor.de]
Regelmäßiger Sport besser als Pillen gegen Depression

(09/2000) Regelmäßiger Sport ist gegen dauerhafte Depressionen weitaus wirksamer als Anti-Depressiva. Dies haben US- Wissenschaftler in einer Studie herausgefunden, die am Donnerstag im Fachmagazin „Psychosomatic Medicine“ veröffentlicht wurde. Die Forscher des Medizinischen Zentrums der Duke-Universität in Durham, North Carolina, fanden ferner heraus, dass Patienten, die Sport mit der Einnahme von Medikamenten verbinden, eher rückfällig werden.

Das US-Team unter Leitung des Psychologen James Blumenthal hatte 156 Patienten mittleren Alters untersucht, deren Zustand sich erfahrungsgemäß durch sportliche Aktivitäten nach vier Monaten verbessert hatte. Nach weiteren sechs Monaten, so ergab die Studie, wurden acht Prozent der Sport treibenden Patienten wieder depressiv, verglichen mit 38 Prozent derer, die nur Medikamente einnahmen. Patienten, die gleichzeitig Sport trieben und Pillen einnahmen, wurden eher rückfällig. „Die bisherige Annahme, dass beide Faktoren zusammen eine positive Auswirkung haben, hat sich nicht bestätigt“ wurde Blumenthal in der Zeitschrift zitiert.

Zwischen sportlicher Betätigung und dem Risiko der Rückfälligkeit gebe es ein „Umkehrverhältnis“. „Je mehr Sport, um so geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die depressiven Symptome zurückkehren“, sagte Blumenthal. Dabei spiele es möglicherweise eine Rolle, dass der Patient mit den Übungen eine „aktive Rolle“ im Genesungsprozess übernahm. Dadurch werde das Gefühl von „Kontrolle und Erfolg“ vermittelt.

[Quelle: dpa und bdw}
Ein Mal ist zwei Mal – schon eine Zigarette bahnt den Weg zur Nikotinabhängigkeit

(09/2000) Nur eine einzige Zigarette verändere die chemischen Reaktionen in Gehirnzellen bedeutend, berichten Daniel McGehee und Huibert Mansvelder von der University of Chicago im Journal „Neuron“.

Die Wissenschaftler entdeckten eine Schlüsselfunktion im chemischen Mechanismus, der nach Nikotingenuss beginnt. Durch Nikotin werde, sagt McGehee, der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet, der für angenehme Gefühle sorge und der die Botschaft vermittelt: „Das war gut, und mach das noch mal.“ Je mehr Dopamin vorhanden sei, um so mehr verlange der Körper danach, „das scheint der erste Schritt der Abhängigkeit zu sein“ meint McGehee. Diese Erkenntnis steht im Gegensatz zur bisherigen Annahme, dass, je häufiger geraucht wird, umso mehr Nikotin wird gebraucht, um eine Wirkung zu erzielen.

Nikotin hefte sich, sagen die Forscher, an die Rezeptoren der Nervenenden im Gehirn, und zwar an spezielle (alpha7-) Untereinheiten. Dadurch werde Dopamin freigesetzt und bleibe mindestens 45 Minuten, bevor es wieder abgebaut werde, berichtet McGehee. „Bei der nächsten Zigarette wird mehr Dopamin ausgeschüttet und so potenziere sich dieser Effekt beim Rauchen, „es ist ein heimtückischer Prozess, der uns motiviert, karzinogene Substanzen einzuatmen.“, weiß McGehee.

Die alpha7-Untereinheiten sind nun Ziel weiterer Forschungen, denn wenn sie blockiert werden könnten, stünden neue Wege offen, um die Nikotinabhängigkeit zu bekämpfen, meinen die Forscher.

[Quelle: Bettina Bandel und Eurekalert, Meldung vom 28.8.2000]
Kinder aus suchtbelasteten Familien – den Suchtkreislauf durchbrechen

(08/2000) Rund 1,8 – 2 Millionen Kinder im Alter bis zu 18 Jahren leben mit der Alkoholabhängigkeit eines oder beider Elternteile. Für sie ist die Gefahr, selbst eine Suchtkrankheit oder andere Störungen ihrer Gesundheit durch Ängste oder Depressionen zu entwickeln, deutlich erhöht.

Unter dem Titel „Kinder aus suchtbelasteten Familien – den Suchtkreislauf durchbrechen“ förderte das Bundesministerium mit 198.000 DM ein Modellprojekt des Guttempler Selbsthilfeverbandes, dessen Abschlußbericht nun vorliegt. Ziel des Projektes war es, das für viele Menschen mit Schuldgefühlen behaftete Thema zu enttabuisieren und darüber hinaus konkrete Handlungsansätze zu entwickeln, um Kinder und Eltern zu unterstützen, die problematischen Erfahrungen konstruktiv zu verarbeiten.

[…] Die entwickelten Medien und Erfahrungen lassen sich nun in die weitere Arbeit der Selbsthilfeverbände integrieren.

Im Rahmen ihrer Präventionsbemühungen engagiert sich das Bundesgesundheitsministerium über dieses Projekt hinaus für die Problematik von Kindern aus suchtbelasteten Familien. Es förderte ein Expertentreffen der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren zu diesem Thema. Insbesondere wird hierbei die enge Kooperation mit dem Bereich der Jugendhilfe angestrebt, da es hier um eine übergreifende Verantwortung geht.

Zu beziehen ist der Abschlußbericht: Guttempler – Bundesverband – Adenauerallee 45, 20097 Hamburg.

[Vielen Dank an Tobias für diesen Hinweis]
Konsequente Erziehung schützt vor Drogen

Mit einer konsequenten Erziehung können Eltern möglicherweise eine Drogenkarriere ihrer Sprösslinge verhindern. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der University of Washington im American Journal of Public Health.

Seit fünfzehn Jahren haben die Forscher über den Konsum von Marihuana und Alkohol von 800 Schulkindern aus Seattle gesammelt. Das Ergebnis: Mit zehn hatte jeder vierte Schüler schon einmal Alkohol getrunken, jeder Dreißigste Marihuana geraucht. Mit 18 Jahren hatten bereits 88 Prozent Bekanntschaft mit Alkohol gemacht und jeder zweite Jugendliche mit Marihuana.

„Wir wissen aus früheren Untersuchungen, dass Kinder, die früh mit dem Drogenkonsum beginnen, auch später ein größeres Risiko für Probleme im Umgang mit diesen Stoffen haben.“ meint Rick Kosterman. „Eine gute Erziehung aber kann dem Konsum von Drogen wie Marihuana und Alkohol frühzeitig vorbeugen.“

Zu einer guten Erziehung gehören nach Kostermanns Einschätzung unter anderem klare Absprachen für das Familienleben und dass die Eltern wissen, wo und mit wem die Kinder unterwegs sind.

[Quelle: Andrea Hoferichter und Eurekalert, eine BDW-Meldung vom 21.7.2000]
Drogenreport 1999 – Sucht in Deutschland

Die Zahl der Suchtkranken in der Bundesrepublik ist weiterhin sehr hoch. Das belegen Untersuchungen der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren, die heute in Bonn ihr jüngstes Jahrbuch vorstellte. Nach Angaben der Organisation sei vor allem der erhebliche Alkoholkonsum der Deutschen das größte Problem.

Nach der Studie sind in der Bundesrepublik rund 4,4 Millionen Menschen alkoholabhängig oder zeigen ein missbräuchliches Trinkverhalten mit bereits eingetretenen gesundheitlichen Folgeerscheinungen. Das bedeutet, dass sich annähernd jeder 18. Bundesbürger bereits krank getrunken hat. Ferner spricht die Hauptstelle von 250.000 bis 300.000 Menschen, die harte Drogen nehmen.

Eine „erschreckende Trendwende“ sei beim Zigaretten-Verbrauch zu verzeichnen. So seien 1997 rund 1,4 Millionen Zigaretten mehr konsumiert worden als im Vorjahr, seit 1993 sei der Konsums um 7,5 Prozent gestiegen. Alarmierend sei, daß der Anteil der Raucher in der Gruppe der 14 bis 24jährigen in den letzten fünf Jahren von zwölf auf 18 Prozent gestiegen sei.

Quelle: ap, 17.12.98

[Quelle: WDR, gesendet am 17.12.99]
Fettsucht in Deutschland

Die Zahl der fettsüchtigen Erwachsenen wird in Deutschland von 6,8 Millionen Menschen (1995) auf 10,5 Millionen (2010) steigen.

Der internationale Vergleich mit den USA zeigt: Dort steigt die Zahl von 35,2 Millionen auf 50,5 Millionen.

[Quelle: Bild der Wissenschaft 1/2000 Seite 97]
Belohnung für ’schlechte‘ Taten

Erhält der Mensch überraschend eine Belohnung, so wird im Hirn der chemische Botenstoff Dopamin freigesetzt. Diese Substanz regt besondere Zentren im Hirn an, die das Verhalten, die Motivation und die Lernfähigkeit steuern. Diese Entdeckung gelang einem Forscherteam der Universität Freiburg.

Sie könnte zu einem neuen Verständnis der Suchtproblematik führen, weil auch die Drogen Heroin und Kokain Dopaminzellen aktivieren und auf diese Weise, so die Hypothese der Forschenden, das Belohnungssystem im Hirn missbrauchen.

Ein wichtiges Ziel für die Nutzung der neuen Erkenntnisse in der Drogentherapie wäre es nun, einen Stoff zu finden, der bei den Drogensüchtigen das Dopamin gezielt von den Verhaltenszentren fern hält und damit den verhängnisvollen Belohnungseffekt beim Drogenkonsum ausschaltet.

[Quelle: Spektrum der Wissenschaft Ticker vom xx.06.1999]
Traurige Drogen-Bilanzen 1997

„In Deutschland sterben jährlich ca. 40.000 Menschen durch Alkohol. Im Jahr 1997 gab es 1.501 Drogentote. […] Es gibt ungefähr 2.5 Millionen alkoholabhängige Menschen in der BRD. […] Die Folgekosten des Alkoholmissbrauchs und der Alkoholsucht wurden für 1990 (alte Bundesländer) auf 80 Milliarden Mark geschätzt. In dieser Rechnung sind verminderte Arbeitsleistung, Arbeitsunfälle, Behandlungskosten, Verkehrsunfälle, Kriminalität, Unterstützungszahlungen für Familien von Alkoholikern, einschließlich der mit dem vorzeitigen Tod der Süchtigen verbundenen Kosten enthalten.

Ca. 110.000 Menschen sterben jährlich an tabakbedingten Krankheiten (Krebs, Kreislauf- und Atemwegserkrankungen). In der Bundesrepublik gibt es ca. 18 Millionen Raucher. […]

Die Zahl der in Deutschland lebenden Medikamentabhängigen wird auf 800.000 geschätzt.

[Quelle: Informationsmaterial des Landeskriminalamtes NRW in der Broschüre „Zoff dem Stoff“]
Die „typische“ Drogenkarriere

„Cannabisprodukte werden oft als Einstiegsdroge bezeichnet. Das ist oftmals nur dann richtig, wenn man einen Drogenabhängigen nach seiner ersten illegalen Droge fragt. Es ist allerdings falsch, wenn die legalen Drogen miteinbezogen werden. Eine Untersuchung der Lebensläufe von 100 Heroinabhängigen ergab folgendes:

Mit ca. 12 Jahren haben die meisten von ihnen bereits regelmäßig geraucht. Mit ca. 12,5 Jahren haben sie regelmäßig Alkohol getrunken. Mit ca. 15 Jahren haben sie Haschisch geraucht und mit 18 Jahren dann Heroin konsumiert.“

[Quelle: Informationsmaterial des Landeskriminalamtes NRW in der Broschüre „Zoff dem Stoff“]
Drogenprävention durch Spielzeug-Entzug?

„Das Konzept des spielzeugfreien Kindergartens wurde 1992 im bayerischen Penzberg erstmals erprobt. Weit über 100 Einrichtungen haben das Experiment, ausgearbeitet vom Suchtarbeitskreis im Landkreis Weilheiheim-Schongau, übernommen. Das Projekt soll Kinder stark machen und – wichtigste Intention – sie vor Suchtgefahren schützen. […]

Jugendliche sind immer dann gefährdet, wen sie eine grundlegende Kränkung ihrer Selbstachtung erfahren haben und wenn sie im Verlauf ihres Lebens keine Strategien erwerben konnten, Konflikte anzugehen und konstruktiv zu bewältigen, wenn sie sich immer passiv und ausweichend verhalten.[…]

Studien kommen zu dem Ergebnis, dass bei konsequenter Durchführung des Konzepts wichtige suchtpräventive Fähigkeiten gestärkt werden: Kreativität und Sprechfreude, die Bereitschaft zu Kontakten und die Frustrationstoleranz. Die Kinder seien eher bereit, bei Konflikten selbstständig nach Lösungen zu suchen, sich gegenseitig zu helfen oder zu trösten. Mädchen und Jungen spielen harmonischer miteinander, vielleicht weil kein Spielzeug sie mehr trennt. Auch die Stillen und Schüchternen werden schneller einbezogen. […]

Der Aspekt der Suchtprävention bleibt umstritten, denn die Untersuchungsergebnisse beruhen hauptsächlich auf den Beobachtungen und Eindrücken der beteiligten Erzieher. Ob diese Kinder später wirklich weniger suchtgefährdet sind, darüber kann noch keine Studie Auskunft geben. […] Der spielzeugfreie Kindergarten ist kein Patentrezept mit eingebauter Erfolgsgarantie.“

[Die Woche, 07. Mai 1999, Seite 36]

 

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